Sich selbst wahrnehmen

Es gab eine Zeit in unserem Leben, da war uns der Körper sehr nahe. Wir empfanden uns als Körper. Eine Unterscheidung zwischen unserem Ich und unserem Körper gab es nicht. Unser inneres Wollen und unser äusseres Handeln waren im Einklang. Das war in unserer ersten Lebenszeit, bevor sich unser Ich-Bewusstsein entwickelt hatte. Später begannen wir uns unserer Umwelt anzupassen. Wir entwickelten Vorstellungen, wie wir sind, wie wir sein möchten, wie die Welt ist und wie sie sein sollte. Der Kopf begann den Körper zu dominieren. Vom „ Ich bin mein Körper“ stellen wir auf „Ich habe einen Körper“ um.  Die Fähigkeit, den Körper wahrzunehmen nahm ab, dafür stieg die Aufmerksamkeit für die Aussenwelt. Körperhaltung und Bewegungskoordination wurden dadurch immer weniger vom sensorischen Feedback gestützt. Unser vorgestelltes Selbstbild schrieb sich mehr und mehr in den Körper ein, sodass er seine natürliche Ausrichtung verlor. Die Körperfunktionen wurden geschwächt, das Wohlbefinden sank. Statt uns zu spüren, begannen wir uns zu denken. Diese Entwicklung ist typisch für Menschen in technisch hochentwickelten Gesellschaften, wenn auch nicht bei allen gleich ausgeprägt.

 

Bewusst praktizierte Körperwahrnehmung, sich Zeit nehmen, um dem Körper Aufmerksamkeit zu schenken, durch das Ausführen von Wahrnehmungs- und Bewegungsübungen oder die bewusste Wahrnehmung im alltäglichen Handeln kann uns wieder in einen lebendigen Kontakt zu unserem Körper bringen. So haben wir auch wieder einen offeneren Zugang zu unseren Gefühlen, Erinnerungen und unbewussten Verhaltensmustern. Wir nehmen unsere Bedürfnisse klarer wahr, spüren was uns guttut und was nicht. Wir erkennen sich aufbauende Verspannungen frühzeitig und können sie durch entsprechendes Verhalten loslassen, unser körperliches Wohlbefinden wieder herstellen.

 

Selbst körperliche Einschränkungen, Verletzungen und Schmerzen können sich als Chance zum Wachstum erweisen, wenn wir uns auf den Weg einlassen, auf den uns der Körper führen will. (am)

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